27.09.2021

Bambusgeschirr - Migration von Formaldehyd und Melamin

„Bambus-Geschirr" beispielsweise Teller, Becher, Schüsseln, Besteck oder Coffee-to-go-Becher und Ähnliches werden oft als umweltfreundliche, biologisch abbaubare Alternative zu Plastik angepriesen. Geworben wird mit Aussagen, die sich auf Bambus als nachhaltigen, recycelbaren und natürlichen Rohstoff beziehen.

Die als „Bambusware“ gekennzeichneten Produkte werden häufig aus dem Kunststoff Melamin-Formaldehyd-Harz (MFH), der unter anderem wegen seiner hohen Bruchsicherheit eingesetzt wird, hergestellt. Um die gewünschten Materialeigenschaften zu erhalten, werden dem MFH alternative Füllstoffe wie Bambusfasern, Holzspäne zugesetzt.

Melaminharze können sich unter Hitzeeinwirkung zersetzen, sodass sich Melamin und Formaldehyd aus dem Geschirr lösen und auf Nahrungsmittel übergehen. Reines Melaminharz gilt aber bis 70 °C als stabil.

Formaldehyd ist haut- und schleimhautreizend und kann beim Einatmen krebserzeugend wirken. Melamin ist eine chemische Verbindung, die zur Herstellung von Harzen, Kunststoffen und Klebstoffen verwendet wird. Melamin kann zu Blasen- und Nierenschäden führen.

Bei Melamingeschirr mit einer Beimischung von Bambus wurde festgestellt, dass die Übergänge bei vielen Produkten auffällig erhöht sind [4] und auch eine Mehrfachnutzung eine Freisetzung begünstigt.

Laut Schreiben der Europäischen Kommission vom 28.05.2021 sind „gemahlener" Bambus, Bambusmehl und ähnliche natürliche Stoffe nicht als Zusatzstoffe in Anhang I der Kunststoffverordnung aufgeführt, somit zur Verwendung bei der Herstellung von Kunststoff-Lebensmittelkontaktmaterial nicht zugelassen[3].

Entsprechend der europäischen Kunststoff-Verordnung (EU) Nr. 10/2011 sind Melamin und Formaldehyd als Monomere und Hilfsstoffe für die Herstellung von Kunststoffen für den Lebensmittelkontakt zugelassen. Die Kunststoff-Verordnung (EU) Nr. 10/2011 regelt, die höchstzulässige Menge an Melamin und Formaldehyd, die aus einem Material oder Gegenstand in Lebensmittel abgegeben wird, der sog. spezifischer Migrationsgrenzwert (SML). Für Formaldehyd und Melamin gilt ein spezifischer Migrationsgrenzwert von 15 mg/kg bzw. von 2,5 mg/kg Lebensmittel.

Das ifp bietet spezifische Migrationsuntersuchungen sowohl für Formaldehyd als auch Melamin an.


 Wir beraten Sie gerne. Nehmen Sie mit uns Kontakt auf.

Quelle:
[1] BfR, Stellungnahme Nr. 012/2011 des BfR vom 09.03.2011 - Freisetzung von Melamin und Formaldehyd aus Geschirr und Küchenutensilien
[2] BfR; Stellungnahme Nr. 046/2019 des BfR vom 25. November 2019 - Gefäße aus Melamin-Formaldehyd-Harz wie „Coffee to go“ Becher aus „Bambusware“ können gesundheitlich bedenkliche Stoffe in heiße Lebensmittel ab-geben
[3] Lebensmittelverband Deutschland, Rundschreiben L-412-2021; Maßnahmen für Kunststoff-Lebensmittelkontaktmaterialien mit „Bambus“-Produkten Schreiben der Europäischen Kommission vom 28.05.2021L-377 vom 18.05.2021; 31.05.2021
[4] CVUA Stuttgart, Erläuterungen zum Verkehrsverbot für Lebensmittelbedarfsgegenstände aus Kunststoff, die unter Verwendung von Bambuspulver hergestellt werden; Stand 28. Januar 2021.