10.06.2016

Glyphosat-Zulassung: der aktuelle Stand

Voraussichtlich am 23. Juni wird erneut über die Verlängerung der Zulassung des Pestizidwirkstoffs Glyphosat abgestimmt. Die Zulassung wäre ursprünglich zum 31.12.2015 ausgelaufen, war jedoch kurzfristig um sechs Monate verlängert worden, um Zeit für eine Neubewertung zu gewinnen. Nun soll ein Vermittlungsausschuss aus EU-Kommission und Mitgliedsstaaten über eine Verlängerung um bis zu 18 Monate entscheiden.

In dieser Zeit soll sich mit der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eine weitere unabhängige wissenschaftliche Institution ein Bild über das von Glyphosat ausgehende Gefährdungspotenzial machen und ein entsprechendes Gutachten erstellen, bevor über eine Neuzulassung für den Zeitraum von 15 Jahren entschieden wird.

Gelingt es den Mitgliedsstaaten Ende Juni nicht, eindeutig Position zu beziehen, liegt die Entscheidung allein bei der Kommission. Wird keine Verlängerung beschlossen, läuft die Zulassung für Glyphosat am 30. Juni 2016 aus.

Die Kontroverse um das Krebsrisiko

Glyphosat war in den letzten Monaten ein prominentes Thema in den Medien. Kernfrage war hier stets, ob und in welchem Maße der Wirkstoff Krebs auslösen kann. Hier prallten zwei gegensätzliche Expertenmeinungen aufeinander: Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) stufte Glyphosat als "wahrscheinlich krebserregend" ein, während EFSA (und auch das Bundesinstitut für Risikobewertung) den Wirkstoff dahingehend bewerten, dass bei sachgemäßer Anwendung keine krebserzeugenden, erbgutverändernden oder entwicklungsschädigenden Risiken zu erwarten sind.

Wichtig ist hierbei, die unterschiedlichen Herangehensweisen beider Lager zu betrachten. Die EU-Bewertung berücksichtigt zwar prinzipiell auch glyphosathaltige Mischformulierungen inklusive Betrachtung der enthaltenen Beistoffe. Auch das BfR weist darauf hin, dass derartige Wirkstoffmischungen Studien zufolge genotoxisch sein könnten, während der Einzelwirkstoff Glyphosat derartige Wirkungen nicht zeigt. Dies steht wahrscheinlich mit den verwendeten Beistoffen wie den sogenannten POE-Tallowaminen im Zusammenhang. Es gibt bereits seitens der Kommission den Vorschlag, diese Tallowamine in glyphosathaltigen Formulierungen zu verbieten. Unabhängig davon leiten BfR und EFSA für Glyphosat an sich kein signifikantes Risiko ab.

Im Gegensatz dazu bezieht die IARC glyphosathaltige Mischformulierungen in ihre Beurteilung ein, ohne jedoch konkret zwischen Beistoffen und dem Einzelwirkstoff Glyphosat zu differenzieren.

Der Unterschied zwischen Gefährdungspotenzial und Risiko

Ein weiterer, nicht unwesentlicher Unterschied in der Bewertung der Ergebnisse von IARC und EFSA/BfR ist, dass erstere allein das Ausmaß eines möglichen Schadens (Gefährdungspotenzial, "hazard") betrachtet, während letztere explizit das Risiko ("risk") bewerten, also die Wahrscheinlichkeit, mit der dieser "hazard" auftritt. Dies berücksichtigt u.a. Kriterien wie die Art der Anwendung, die Höhe der Rückstände im Lebensmittel und damit die tatsächliche Exposition des Verbrauchers.