02.03.2015

Chlorat in Obst und Gemüse: aktueller Stand

Im Jahr 2014 sorgten Funde von Chlorat in Obst und Gemüse für mediales Aufsehen. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hatte im Oktober 2014 gegenüber den zuständigen Überwachungsbehörden angeregt, die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Übergangswerte für Chlorat anzuwenden.

Seitdem gelten in Deutschland vorübergehend folgende Aktionswerte:

  • 0,1 mg/kg für alle pflanzlichen Produkte der Anlage 1 der Verordnung EG Nr. 396/2005 außer Gemüse
  • 0,25 mg/kg für alle Gemüse außer Karotten
  • 0,2 mg/kg für Karotten

Chlorat in Trinkwasser
Im Dezember gaben neue Erkenntnisse des CVUA Stuttgart einen Hinweis auf einen möglichen Eintragsweg des Chlorats. Das Amt untersuchte im vergangenen Jahr 109 Trinkwasserproben auf Chlorat (zur Hälfte als Querschnitt von Trinkwasser verschiedener Herkunft, zur Hälfte risikoorientiert). Hierbei wurden in zwei Drittel der Proben Chloratgehalte größer 0,01 mg/L ermittelt. 16 Prozent aller Proben lagen über 0,05 mg/L, knapp fünf Prozent überschritten sogar den derzeit von deutschen Behörden angewandten Aktionswert für Obst von 0,1 mg/L.

Diese Befunde stützen die Argumentation der Lebensmittelwirtschaft, dass der Eintrag von Chlorat in Obst und Gemüse durch das Waschen mit chlorhaltigem Trinkwasser erfolgt. Die Ergebnisse zeigten, dass insbesondere Wässer aus gemeindeeigenen Vorkommen bzw. dem eines Verbandes häufig Chlorat enthalten, da hier aus hygienischen Gründen höhere Chlorzugaben erfolgen. Durch Fernwasser gespeiste Trinkwässer hingegen enthalten seltener Chlorat.

Das CVUA Stuttgart fand des Weiteren heraus, dass die verschiedenen Chlorungsmittel, die bei der Wasseraufbereitung zum Einsatz kommen, sich unterschiedlich auf den Chloratgehalt des Trinkwassers auswirken. Während bei der Aufbereitung mit Chlordioxid oder Chlorbleichlauge häufiger Chlorat in Konzentrationen von über 0,05 mg/L gebildet wird, wird dieser Gehalt bei der Aufbereitung mit Chlorgas wesentlich seltener überschritten.

Bisher gibt es keinen gesetzlichen Grenzwert für Chlorat in Trinkwasser, aber einen vorläufigen Richtwert der Weltgesundheitsorganisation (WHO), der bei 0,7 mg/L liegt. Der von der WHO aus toxikologischen Daten abgeleitete ADI (erlaubte Tagesdosis) von 0,01 mg pro kg Körpergewicht wird auch vom BfR als Basis für die Risikobewertung empfohlen.

Chlorat in Bio-Produkten
Der Bundesverband Naturkost Naturwaren (BNN) e.V. fordert für Chlorat keine strikte Anwendung des für Bio-Produkte üblichen Orientierungswertes von 0,01 mg/kg. Dieser Wert gilt grundsätzlich für alle Pflanzenschutzmittel mit Ausnahme der Stoffe gemäß Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 889/2008 (Durchführungsvorschriften zur Verordnung (EG) Nr. 834/2007) und des Synergisten Piperonylbutoxid gilt und bezieht sich auf das unverarbeitete Ausgangsprodukt. Eine strikte Auslegung des Orientierungswertes zur Bewertung von Chloratrückständen aus unbekannten Eintragspfaden wird als nicht sachgerecht angesehen und erfordert eine sorgfältige Interpretation der Ergebnisse. Vielmehr empfiehlt der BNN bei Überschreitungen zu recherchieren oder eine Recherche zu veranlassen, woher die Rückstände stammen und ob gegen die einschlägigen Rechtsvorschriften zum ökologischen Landbau verstoßen wurde.

Auch nach Einschätzung des ifp Instituts für Produktqualität lässt sich aus einer Überschreitung des BNN-Orientierungswerts der Einsatz von chlorathaltigen Pflanzenschutzmitteln und damit der Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 nicht zweifelsfrei ableiten. Signifikante Chloratgehalte werden aufgrund möglicher Kontaminationsquellen, z.B. durch die Verwendung von chlorathaltigem Wasser aus einer Wasseraufbereitungsanlage, als Kontamination und nicht als Pflanzenschutzmittelrückstand eingestuft.

Analytik im ifp
Der Nachweis von Chlorat wird im ifp Institut für Produktqualität mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie gekoppelt mit Tandem-Massenspektrometrie (HPLC-MS/MS) durchgeführt.